In diversen Foren und Gruppen von sozialen Netzwerken kommen immer wieder Diskussionen auf um den Sinn und Unsinn von sogenannten HDR-Fotos.
Einige meinen, HDR bedeute nur, in der Bildbearbeitung einige Regler aufzuziehen und damit ein „künstlerisch“ verfremdetes Bild zu erzeugen.
In Wahrheit ist HDR wesentlich mehr, und in meinen Augen durchaus sinnvoll.
Ich möchte mich nicht länger als nötig mit theoretischen Erklärungen aufhalten und ein einfaches praktisches Beispiel bringen.
Es handelt sich hier wirklich nur um ein ganz simples Beispiel, und man könnte theoretisch auch mit RAW-Entwicklung einiges machen, aber hier geht es jetzt nur rein um das Prinzip. Denn auch RAW hat Grenzen, die man mit HDR weit ausdehnen kann.
Ersteinmal: Was bedeutet „HDR“ eigentlich?
HDR steht für High Dynamic Range, auf Deutsch „hoher Dynamikumfang“.
Als Dynamik bezeichnet man in der Bildbearbeitung die Differenz zwischen den dunkelsten und den hellsten Bereichen eines Bildes. Bei Nebel oder diffusem Licht ist dieser Unterschied nicht sonderlich groß, bei grellem Sonnenschein hat man hingegen oft starke (und damit dunkle) Schlagschatten und sehr helle Bereiche in Richtung Sonne.
Unser Auge kann einen bestimmten Bereich auf einmal erfassen, ein Kamerasensor ist da wesentlich eingeschränkter.
Im Vergleich: Das menschliche Auge kann einen Dynamikumfang von ca. 20 Blendenstufen erfassen, ein aktueller Kamerasensor schafft ca. 14 Blendenstufen (Quelle: https://www.fotoworkshop-stuttgart.de/das-menschliche-auge-und-die-fotografie/ )
Schauen wir uns einfach mal Bild 1 an.
Hier sehen wir eine Stahlkonstruktion, die bei hellem Sonnenlicht aufgenommen wurde.
Wie wir erkennen saufen unten im Innern der Konstruktion die Strukturen in nahezu schwarz ab, während im Himmel die Lichter ausfressen. Dabei sind sowohl im dunklen als auch im hellen Bereich durchaus noch Strukturen vorhanden, die der Kamerasensor aber nicht erfassen kann.
Und hier setzt HDR an.
Man macht eine sogenannte Belichtungsreihe, in der ein Foto mit normaler Belichtung aufgenommen wird, ein Foto wird stark unterbelichtet (Bild 2), und ein Foto stark überbelichtet (Bild 3).Im konkreten Beispiel wurde einmal um 2 EV über und unterbelichtet.
Klingt jetzt komisch, ich weiß. Aber der Sinn des Ganzen ist folgender:
Bei dem unterbelichteten Foto versacken die dunklen Strukturen noch viel mehr im Schwarz, dafür kommen in den hellen Bereichen jetzt Strukturen zu Tage die das normal belichtete Foto nicht zeigt.
Umgekehr ist es bei dem überbelichteten Foto – hier erkennt man auf einmal in den dunklen Bereichen Strukturen.
Eine Software wie Photoshop oder easyHDR (was ich benutze) setzt nun diese drei Aufnahmen zusammen indem sie – massivst vereinfach ausgedrückt – in den dunklen Bereichen Bildteile aus dem überbelichteten Bild nimmt, in den hellen Bereichen Teile aus dem unterbelichteten Bild und im mittleren Helligkeitsbereich Teile aus dem normal belichteten Bild.
Das Ergebnis ist, dass man nun ein Bild hat dass überall Strukturen aufweist.
Eigentlich handelt es sich um eine berechnete Dynamikkompression, die hohe Dynamik der realen Szene wird auf die beschränkte Dynamik des Monitors komprimiert. Da aber der in der Realität hohe Dynamikbereich abbildet wird spricht man auch von HDR.
Einige kleine Probleme gibt es bei HDR allerdings.
Da die Bilder der Belichtungsreihe logischerweise nacheinander entstehen eignet sich HDR nur für unbewegte Objekte. Zudem ist der Einsatz eines Stativs und ein Fernsauslöser (oder Selbstauslöser) ratsam um Verwacklungen zu vermeiden.
An Kanten mit starken Helligkeitsunterschieden sieht man auch oft sehr helle Streifen, sog. Halos. Durch geschickte Belichtung und Nachbearbeitung lassen sich diese aber verringern bis nahezu vermeiden.
Das Prinzip ist übrigens nicht neu. Schon bei der Schallplatte (meine Generation erinnert sich noch) gibt es das gleiche in analog.
Im Grunde ist HDR eine Lösung für eine technische Beschränkung. Wer sich näher mit HDR befassen möchte, es gibt viele Seiten im Netz die das genau erklären.
Als Ergänzung hier noch ein Beispiel aus dem Innern einer Klosterkirche (Kloster Springiersbach)

„Normal“ belichtet, so wie die Kamera es als ideal anzeigt.
Normal belichtet

Um 2 Blendenstufen überbelichtet

Um 2 Blendenstufen unterbelichtet

Mit easyHDR zusammengesetzt und bearbeitet